18.09.2020
Artikel
Siedlungs- und Verkehrsfläche
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Der Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehr hat spürbare Auswirkungen auf die Umwelt. Versiegelte Flächen, die ein Teil der Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV) sind, entziehen Boden als Lebensraum und als Grundlage zur Erzeugung von Nahrungsmitteln und begünstigen Hochwasser. Die zunehmende Zersiedelung erzeugt zudem mehr Verkehr. Die Bundesregierung will laut nationaler Nachhaltigkeitsstrategie den Flächenverbrauch für die SuV bis 2030 auf weniger als 30 Hektar (ha) pro Tag senken.
Die Umstellung auf das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) als Datenbasis Anfang 2013 und damit der methodische Wechsel von der Buch- auf die Geometriefläche bewirkte eine vergleichsweise große Flächenzunahme um fast 169 km², die einer Ausdehnung des Landes um das Fürstentum Liechtenstein (160,5 km²) entsprach. Darüber hinaus ergaben sich bedeutsame Anstiege gegenüber dem 31.12.2012. So nahmen die Nutzungsarten „Landwirtschaftsfläche“ um 8700 ha (+0,6 %), „Betriebsfläche“ um mehr als 7600 ha (+21,9 %), „Waldfläche“ um rund 4 800 ha (+0,5 %), „Erholungsfläche“ um 4 100 ha (+18 %), „Verkehrsfläche“ um 2400 ha (+2,2 %) und „Wasserfläche“ um etwa 900 ha (+0,9 %) zu. Dagegen verringerten sich die Nutzungsarten „Gebäude- und Freifläche“ um fast 5 700 ha (–4,2 %) und „Flächen anderer Nutzung“ um 5 900 ha (–13,3 %). Die Siedlungs- und Verkehrsfläche stieg um 4 100 ha (+1,5 %) an. Im Vergleich zu den Vorjahren fiel die Entwicklung der Landwirtschaftsfläche erstmals wieder positiv aus, was dem sonstigen Trend entgegenläuft. Für die Nutzungsarten Wald, Wasser sowie Siedlungs- und Verkehrsfläche war die Zunahme ebenfalls ungewöhnlich groß. Bundesweit erhöhte sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche zwischen 1992 und 2018 um mehr als 9 500 km² auf 49819 km². Dies entspricht einer Zunahme um fast 24 %. In Brandenburg lag die Zunahme bei knapp 30 %. Der Anteil der SuV an der Bodenfläche insgesamt stieg im genannten Zeitraum bundesweit von 11,3 % auf 13,9 %. Der Anteil der SuV an der Gesamtbodenfläche des Landes Brandenburg lag in den Jahren 2016 bis 2019 bei 9,5 % (1992: 7,4 %). Für Berlin als Stadtstaat ergab sich ein Wert von 70,6 %. Verglichen mit den anderen neuen Bundesländern zeigt sich, dass Brandenburg 2019 als das größte der neuen Bundesländer mit 282038 ha absolut über die größte SuV verfügt. Gemessen an der Landesgröße ergibt sich jedoch aufgrund der Fläche Brandenburgs ein etwas anderes Bild. Der Anteil der SuV in Brandenburg liegt mit 9,5 % deutlich unter den Werten von Sachsen (13,4 %) und Sachsen-Anhalt (11,0 %).
Von 1992 bis 2019 erhöhte sich die SuV Brandenburgs um 64 192 ha auf 282 038 ha. Prozentual gesehen gab es erwartungsgemäß in diesem Zeitraum die größten Flächenzunahmen in den vier kreisfreien Städten – von Frankfurt (Oder) mit 45,9 % bis Potsdam mit 65,4 %. Die Landkreise mit hohen Zuwächsen waren Märkisch-Oderland mit 42,0 % und Teltow-Fläming mit 50,8 %. Der tägliche Flächenverbrauch betrug in Brandenburg zwischen 1992 und 1996 6,9 ha. In den Folgejahren stieg er noch an und erreichte 2005, 2008 und im Jahr der ALKIS-Einführung 2013 mehr als 11 ha/Tag. Mit Ausnahme von 2013 lag die tägliche Zunahme der SuV in Brandenburg seit 2010 jedoch immer unter 5 ha/Tag. 2019 erreichte sie mit 0,5 ihren geringsten Wert.
2019 ließen sich 39,0 % der SuV in Brandenburg den Verkehrsflächen zuordnen. 1992 waren es noch 44,6 %. Allerdings war auch hier eine absolute Vergrößerung von 97 222 ha im Jahr 1992 auf 109981 ha im Jahr 2018 zu verzeichnen. Bundesweit ergab sich ein Relativwert von 36,2 % für das Jahr 2018. Einen deutlichen Anstieg gab es bis 2013 bei der Brandenburger Erholungsfläche, die seit 2016 unter dem Begriff „Sport-, Freizeit- und Erholungsfläche“ subsummiert wird. Diese erhöhte sich in diesem Zeitraum auf fast das 3,5-fache und lag 2013 bei 26723 ha. Eine Ursache für diese erhebliche Ausdehnung liegt in der Umwidmung von Nutzungsarten (z.B. ehemalige Militärgelände).
Die größte absolute Erholungsfläche für Brandenburg meldete die Landesvermessung für 2019 mit 27 178 ha. Damit standen rechnerisch jedem Brandenburger Einwohner etwa 108 m² Erholungsfläche zur Verfügung. 1992 waren es ungefähr 30 m². Diese positive Entwicklung ergibt sich zum einen aus der leicht gesunkenen Bevölkerungszahl, vor allem jedoch aus der flächenmäßigen Ausdehnung der Erholungsfläche.
Die Entwicklung der Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV) gilt als Indikator für die fortschreitende Flächeninanspruchnahme zu baulichen Zwecken. Sie wird bundeseinheitlich im Rahmen der Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung auf der Basis der Katasterangaben ermittelt. Die SuV ist keine eigenständige Nutzungsart, sondern die Summe verschiedener Nutzungsarten und Nutzungsartengruppen und darf nicht mit dem Begriff „versiegelte Fläche“ gleichgesetzt werden.
Bis 2016 basierte die Flächenerhebung auf dem Nutzungsartenkatalog des Automatisierten Liegenschaftsbuches (ALB). Mit dem bundesweiten Umstieg auf das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) wird seit 2016 die Nomenklatur des ALKIS verwendet. Dies führt zu einer Reihe von methodischen Veränderungen in der Ausweisung der statistischen Flächennutzungsarten, die bei der Interpretation der Ergebnisse im Zeitverlauf zu beachten sind. In den alten Bundesländern gibt es die Flächenerhebung seit 1979, in den neuen Ländern wurde sie 1992 mit einem vierjährlichen Rhythmus eingeführt. Von 2000 bis 2008 wurde zusätzlich eine jährliche Erhebung der SuV durchgeführt. Seit 2008 erfolgt die Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung jährlich.
Der Artikel ist Teil der Jubiläumsausgabe „30 Jahre Brandenburg im Spiegel der amtlichen Statistik“ der Zeitschrift für amtliche Statistik Berlin Brandenburg, die im September 2020 erschien.