18.09.2020
Wirtschaft
Bruttoinlandsprodukt

Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat Brandenburgs Wirtschaft eine große Entwicklung genommen. Der durch die Wende notwendige Transformationsprozess der Wirtschaft führte zu tiefen Einschnitten, die schon vor der Wiedervereinigung mit der Öffnung der Grenzen und der Einführung der D-Mark begonnen hatten.
Das sehr geringe Niveau der Wirtschaftsleistung im ersten Jahr nach der Wiedervereinigung barg großes Wachstumspotenzial. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Wert aller erzeugten Waren und Dienstleistungen stieg von 19 683 Mill. EUR im Jahr 1991 auf 74 330 Mill. EUR im Jahr 2019. Das Wirtschaftswachstum, die preisbereinigte Veränderungsrate des BIP, war im Land Brandenburg zu Beginn bis Mitte der 1990er Jahre deutlich höher als in Deutschland. Zum Ende der 1990er Jahre verlangsamte sich das Wachstumstempo und stagnierte zunächst nach der Jahrtausendwende. Im Jahr 2003 konnte sogar erstmals ein geringes Negativwachstum festgestellt werden. Der seit 2004 wieder zu beobachtende Aufwärtstrend, der inzwischen der gesamtdeutschen Entwicklung ähnelt, wurde durch die Finanzmarktund Wirtschaftskrise jäh ausgebremst. So fiel die Wirtschaftsleistung in Brandenburg 2009 um 2,8 %, damit jedoch deutlich geringer als in Deutschland (–5,7 %). Die Wirtschaft Brandenburgs konnte sich aber schnell erholen und wuchs seit 2010 erneut stetig. Zuletzt konnte in Brandenburg 2019 erstmals seit 2014 wieder ein stärkeres Wirtschaftswachstum als in Deutschland registriert werden. Im Vergleich zu 1991 war die Wirtschaftsleistung im Jahr 2019 in Brandenburg mehr als doppelt so hoch (+112,4 %). In Deutschland betrug der Zuwachs im selben Zeitraum nur 46,2 %. Positiv beeinflusst wurde die Entwicklung Brandenburgs insbesondere durch den Dienstleistungsbereich. Zur Bruttowertschöpfung trugen die Dienstleistungsbereiche zuletzt 72,4 % bei (1991: 61,3 %), während der Anteil des Produzierenden Gewerbes auf 26,0 % (1991: 35,1 %) sank. Die Land- und Forstwirtschaft hatte 2019 nur noch einen Anteil von 1,6 % (1991: 3,6 %).
Im Land Brandenburg lässt sich knapp drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung eine gesunkene Erwerbstätigenzahl beobachten. Erwirtschaftet wurde das Brandenburger BIP des Jahres 2019 von 1 128 721 Erwerbstätigen, das des Jahres 1991 hingegen von 1 191 082 Erwerbstätigen. Die Arbeitsproduktivität, das preisbereinigte BIP je Erwerbstätigen, wuchs aufgrund der geringeren Anzahl von Erwerbstätigen stärker als das BIP und war im Jahr 2019 mehr als doppelt so hoch wie im ersten Jahr nach der Wiedervereinigung (+124,1 %). In Deutschland stieg die Arbeitsproduktivität in diesem Zeitraum um 25,6 %. Die Neugestaltung der Wirtschaft zu Beginn der 1990er Jahre hatte einen erheblichen Arbeitsplatzabbau in Brandenburg zur Folge, der aber mit dem rasanten Wirtschaftswachstum zusammenfiel. Als Resultat waren die kräftigsten Produktivitätssteigerungen in dieser Zeit festzustellen. Das BIP je Erwerbstätigen war im Jahr 1995 bereits um 59,3 % höher als 1991. Zehn Jahre später hatte sich die Produktivität bereits verdoppelt.
Trotz des deutlich stärkeren Wachstums konnte Brandenburg den Rückstand zum Bundesniveau noch immer nicht aufholen: Während das in jeweiligen Preisen gemessene BIP pro Erwerbstätigen 1991 in Brandenburg 40,5 % des Bundeswertes entsprach, betrug es 81,5 % im Jahr 2005 und 86,7 % im Jahr 2019.
Das Bruttoinlandsprodukt umfasst den Wert aller innerhalb eines Wirtschaftsgebietes während einer bestimmten Periode produzierten Waren und Dienstleistungen. Es entspricht der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche zuzüglich der Gütersteuern und abzüglich der Gütersubventionen. Die Bruttowertschöpfung ergibt sich für jeden Wirtschaftsbereich aus dem Bruttoproduktionswert abzüglich der Vorleistungen. Die verwendeten Zahlen sind Ergebnisse des Arbeitskreises Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Berechnungsstand August 2019/Februar 2020.
Der Artikel ist Teil der Jubiläumsausgabe „30 Jahre Brandenburg im Spiegel der amtlichen Statistik“ der Zeitschrift für amtliche Statistik Berlin Brandenburg, die im September 2020 erschien.