19.02.2015
Wahlen
Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Europawahl in Berlin am 25. Mai 2014
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Zur Europawahl am 25. Mai 2014 wurde bundesweit eine repräsentative Wahlstatistik durchgeführt. Diese Statistik
ermöglicht die Untersuchung des Wahlverhaltens nach Geschlecht und Altersgruppen. Im Unterschied zu umfragebasierten Daten liegen den Ergebnissen der repräsentativen Wahlstatistik die Wählerverzeichnisse und die
Stimmzettel ausgewählter Wahllokale und Briefwahlbezirke zugrunde. Die repräsentative Wahlstatistik liefert
damit eine verlässliche Datenbasis für tiefer gehende Untersuchungen des Wahlverhaltens.
Der Bundeswahlleiter hat im Einvernehmen mit der Berliner Landeswahlleiterin und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg eine Stichprobe von 106 der 1 709 Urnenwahl- und 26 der 529 Briefwahlbezirke gezogen . Alle Briefwahlbezirke und 105 Urnenwahlbezirke konnten realisiert werden; in einem Urnenwahlbezirk hatte der Wahlvorstand falsch gekennzeichnete Stimmzettel ausgegeben. Die repräsentative Wahlstatistik besteht aus zwei Teilen: Wahlbeteiligung und Stimmabgabe. Zur Untersuchung der Wahlbeteiligung wurden die Wählerverzeichnisse in den ausgewählten Wahlbezirken nach Geschlecht und den folgenden 10 Altersgruppen ausgezählt:
Zur Untersuchung der Stimmenabgabe wurden in
den ausgewählten Wahlbezirken Stimmzettel ausgegeben, die mit einem Unterscheidungsaufdruck
für das Geschlecht und das Alter der Wählenden,
unterteilt in die folgenden sechs Altersgruppen, versehen waren:
Bei der vorangegangenen Europawahl am 7. Juni
2009 gab es fünf Altersgruppen: Die ersten vier Altersgruppen waren mit den heutigen identisch – die
5. Gruppe umfasste damals Wahlberechtigte im Alter
von 60 und mehr Lebensjahren.
Das Wahlgeheimnis zu wahren, ist oberster
Grundsatz der Wahlstatistik. Deshalb enthielten die
Stimmzettel in einem repräsentativen Wahllokal
lediglich einen Unterscheidungsaufdruck für die
Wählergruppen, beispielsweise für die Gruppe von
Frauen der Altersjahrgänge 1990 bis 1996: „Frau, geboren 1990–1996“. Weil zu jeder derartigen Gruppe zahlreiche Personen gehören, ist ein Rückschluss auf
das Wahlverhalten Einzelner unmöglich. Um in die
Stichprobe einbezogen werden zu können, mussten
die ausgewählten Urnenwahlbezirke mindestens
400 Wahlberechtigte und die ausgewählten Briefwahlbezirke mindestens 400 Briefwähler bei der vergangenen Europawahl umfassen.
Die Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik weichen von denen der Grundgesamtheit ab, da sie auf Basis einer Stichprobe gewonnen wurden. Die wesentlichen Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik sind im Statistischen Bericht im Internet unter www.wahlen-berlin.de veröffentlicht. In diesem Statistischen Bericht sind die Ergebnisse der Stichprobe im Gegensatz zur Veröffentlichung des Bundeswahlleiters nicht hochgerechnet, da zum Zeitpunkt der Drucklegung die Hochrechnungsfaktoren des Bundeswahlleiters noch nicht zur Verfügung standen.
Ältere Wahlberechtigte und Frauen machten häufiger von der Briefwahl Gebrauch
Bei der Europawahl 2014 wurden in Berlin insgesamt 371 976 Wahlscheine ausgestellt – bezogen auf die Wahlberechtigten (2 519 758) betrug der Anteil 14,8 %. Bei der vorangegangenen Europawahl am 7. Juni 2009 wurde nur für 9,7 % der Wahlberechtigten ein Wahlschein ausgestellt.
In der Stichprobe der repräsentativen Wahlstatistik lag der Anteil der ausgestellten Wahlscheine bei 15,8 %, also leicht über dem der Grundgesamtheit. Am niedrigsten war dieser Anteil bei den jüngsten Wahlberechtigten im Alter von 18 bis unter 21 Jahre mit 8,3 %. Ab dieser Altersgruppe stieg der Anteil von Altersgruppe zur Altersgruppe fast stetig an und erreichte bei den ältesten Wahlberechtigten das Maximum (20,5 %).
Der Anteil der Wahlscheinanträge lag bei den Frauen um 1,6 Prozentpunkte (2009: 0,7 Prozentpunkte) höher als bei den Männern. Mit Ausnahme der Personen im Alter von 70 und mehr Jahren beantragten in jeder Altersgruppe prozentual mehr Frauen als Männer einen Wahlschein.
Wahlbeteiligung steigt mit dem Alter
An der Europawahl 2014 beteiligten sich in Berlin 46,7 % der Wahlberechtigten. Gegenüber der letzten Europawahl 2009 bedeutet das einen Anstieg um 11,6 Prozentpunkte. Ursächlich dafür ist vermutlich weniger ein gestiegenes Interesse an der Europawahl als vielmehr die Tatsache, dass zeitgleich ein Volksentscheid über den Erhalt des Tempelhofer Feldes stattfand. Wie Auswertungen zeigen, wirkt sich die Zusammenlegung von Wahlereignissen positiv auf die Wahlbeteiligung aus.
In der Stichprobe lag die Wahlbeteiligung bei 50,0 %1 und damit um 3,3 Prozentpunkte höher als in der Grundgesamtheit. Besonders niedrig war die Wahlbeteiligung bei den jüngeren Wahlberechtigten: Von den 18- bis unter 21-Jährigen gaben 41,3 % ihre Stimme ab und von den 21- bis unter 25-Jährigen 41,1 %.
Ab dieser Altersgruppe nahm die Wahlbeteiligung mit steigendem Alter fast stetig zu – bis zu den 60- bis unter 70-Jährigen. Hier beteiligten sich 55,2 % an der Wahl. Danach sank die Wahlbeteiligung wieder, und zwar auf 51,6 % in der Gruppe der ältesten Wahlberechtigten im Alter von 70 und mehr Lebensjahren.
Grundsätzlich gilt also: je höher das Alter, desto höher die Wahlbeteiligung. Dieser enge Zusammenhang mit dem Alter, bei dem in der Regel lediglich die Altersgruppen der jüngsten und der ältesten Wahlberechtigten abweichen, war auch bei der Europawahl 2009 in Berlin zu beobachten und gilt allgemein bei Wahlen in Deutschland.
In der Stichprobe ist die Wahlbeteiligung insgesamt um 14,1 Prozentpunkte gestiegen, wobei in jeder Altersgruppe deutlich mehr Wahlberechtigte zur Wahl gegangen sind als 2009. Am stärksten war der Anstieg bei den jüngeren Wahlberechtigten: +17,2 Prozent-punkte in der Altersgruppe 21 bis unter 25 Jahre und +17,1 Prozentpunkte in der Alters-gruppe 18 bis unter 21 Jahre. Am geringsten stieg die Wahlbeteiligung bei den ältesten Wahlberechtigten (+9,4 Prozentpunkte). Die Spannweite zwischen der Altersgruppe mit der niedrigsten und der mit der höchsten Wahlbeteiligung hat sich dadurch deutlich verringert, und zwar von 19,4 Prozentpunkten 2009 auf 14,1 Prozentpunkte 2014. Möglicherweise ist der starke Anstieg der Wahlbeteiligung bei den jüngeren Altersgruppen darauf zurückzuführen, dass in diesen Gruppen ein größeres Interesse am zeitgleich stattgefundenen Volksentscheid bestand als bei den älteren Wahlberechtigten.
Insgesamt lag die Wahlbeteiligung bei den Frauen bei 49,7 % und damit wieder geringfügig (0,6 Prozentpunkte) unter der der Männer (50,3 %). In den einzelnen Altersgruppen gab es dabei deutliche Unterschiede. So lag der Anteil bei den Frauen in acht von zehn Altersgruppen höher als der bei den Männern oder gleichauf. Lediglich in den beiden Gruppen mit den ältesten Wahlberechtigten beteiligten sich wie 2009 prozentual zum Teil sehr viel weniger Frauen als Männer. Die Differenz bei den Wahlberechtigten 70 plus betrug 8,2 Prozentpunkte – der Betrag der Abweichung ist damit sogar deutlich größer als der bei den anderen Altersgruppen. Bei den Männern konnte wieder in der Gruppe 70 plus die höchste Beteiligung beobachtet werden und bei Frauen eine sehr viel niedrigere als in der davor liegenden Altersgruppe.
Möglicherweise haben entsprechend des traditionellen Rollenbildes, insbesondere in der Generation der vor 1944 Geborenen, Frauen deutlich weniger Interesse an Politik als Männer und beteiligen sich deshalb zu einem geringen Anteil an Wahlen. Es würde sich dann bei der niedrigeren Beteiligung älterer Frauen um einen Kohorteneffekt handeln, der in den nächsten Jahren aufgrund der natürlichen Bevölkerungsbewegung langsam verschwindet. Wenn dies aber die Ursache wäre, hätte die Wahlbeteiligung in den Vorjahren, insbesondere bei der Europawahl 2004 bei den zwischen 1935 und 1944 geborenen Frauen (damals Altersgruppe 60 bis unter 70) schon deutlich niedriger sein müssen als die der Männer. Dies ließ sich aber so nicht beobachten. Im Gegenteil: 2004 wählten die zwischen 1935 und 1944 geborenen Frauen zu einem höheren Anteil als die Männer dieser Altersgruppe. In der „ältesten“ Altersgruppe trat auch damals schon das Phänomen einer deutlich niedrigeren Beteiligung älterer Frauen gegenüber gleichaltriger Männer zu Tage. Es ist deshalb wahrscheinlicher, dass wir es hier mit einem Alterseffekt zu tun haben. Ab einem bestimmten Alter ist die Partizipation der Männer höher als die der Frauen. Ursächlich dafür könnte sein, dass mit dem Alter das gleichzeitige Auftreten mehrerer Krankheiten (Multimorbidität) zunimmt und Frauen davon stärker betroffen sind als Männer, da sie eine höhere Lebenserwartung haben.
Wie eingangs erwähnt, untersucht die repräsentative Wahlstatistik nicht nur, wie sich die Wahlbeteiligung nach Alter und Geschlecht unterscheidet, sondern auch für welche Wahlvorschläge die so unterschiedenen Gruppen votiert haben. Vorab wird zur besseren Einordnung der Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik kurz das Wahlergebnis dargestellt.
AfD und SPD gehen als deutliche Gewinner aus der Wahl hervor – FDP, GRÜNE und CDU erleiden Verluste
Die Alternative für Deutschland (AfD), die erstmals bei einer bundesweiten Wahl angetreten ist, holte aus dem Stand in Berlin 7,9 % der Stimmen und ging damit als Gewinner aus der Europawahl hervor. Deutlich gewonnen haben auch die Sozialdemokraten gegenüber der Europawahl 2009. Sie konnten dadurch die Christdemokraten, die Verluste hinnehmen mussten, vom ersten Platz verdrängen. Noch stärker als die CDU hat die FDP verloren – ihr blieben nur noch 2,8 % der Stimmen. Ebenfalls verloren haben die GRÜNEN, die vom zweiten auf den dritten Platz zurückgefallen sind .
Vermutlich hat sich durch die Zusammenlegung von Europawahl und Volksentscheid die Wahlbeteiligung erhöht. Personen gaben bei der Europawahl ihre Stimme ab, die andernfalls vermutlich zu Hause geblieben wären. Bei der Interpretation der Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik ist dies zu berücksichtigen.
Da sich das Wahlverhalten im Ost- und Westteil der Stadt nach wie vor zum Teil erheblich unterscheidet, wird im Folgenden besonderes Augenmerk auf die beiden Stadthälften gelegt.
Christdemokraten erzielen bestes Ergebnis bei den ältesten Wählerinnen
Die Zustimmung zur CDU stieg fast stetig mit dem Alter. So wurde bei den 25- bis unter 34-Jährigen mit 13,0 % der niedrigste CDU-Anteil gemessen. Ab dieser Altersgruppe stieg der CDU-Anteil bis auf 31,3 % in der Altersgruppe 70 plus. Dieser Zusammenhang mit dem Alter zeigte sich aber besonders deutlich im Westteil: Von den ältesten Wählerinnen und Wählern votieren hier 41,1 % für die Christdemokraten, Frauen in dieser Altersgruppe sogar noch stärker als Männer. Der höchste CDU-Anteil in der repräsentativen Wahlstatistik mit 43,4 % war bei den Frauen der Generation 70 plus im Westteil zu verzeichnen. Im Vergleich zur letzten Europawahl am 7. Juni 2009 hat die CDU deutlich verloren, wobei sie die höchsten Verluste in ihren Hochburgen zu erleiden hatte. In der Altersgruppe 60 plus im Westteil verlor die CDU 12,4 % Prozentpunkte. Aus Vergleichsgründen sind für 2014 die beiden Altersgruppen „60 bis unter 70“ und „70 und älter“ zusammengefasst worden, da es 2009 nur die Altersgruppe „60 und älter“ gab.
GRÜNEN-Anteil bei unter 45-Jährigen am höchsten
Deutlich ausgeprägt war auch das Altersprofil der GRÜNEN-Wählerinnen und -Wähler. Sowohl im Ostteil der Stadt als auch im Westteil war die Zustimmung zu den GRÜNEN bei den jüngsten Wählerinnen und Wählern überdurchschnittlich hoch und stieg dann mit dem Alter weiter an. Der Höhepunkt lag bei den 35- bis unter 45-Jährigen bzw. im Westteil bei den 25- bis unter 35-Jährigen. Danach sank die Zustimmung zu den GRÜNEN stetig. In der höchsten Altersgruppe verzeichneten die GRÜNEN den niedrigsten Anteil: 2,8 % dieser Altersgruppe wählten die GRÜNEN im Ostteil und 6,2 % im Westteil.
Weiterhin fällt auf, dass Frauen mit 22,3 % zu einem sehr viel höheren Anteil für die GRÜNEN stimmten als die Männer (16,5 %). Dieser Zusammenhang ist im Westteil sogar noch ausgeprägter als im Ostteil.
Im Vergleich zu 2009 haben die GRÜNEN insgesamt verloren: –3,1 Prozentpunkte in der Stichprobe der repräsentativen Wahlstatistik2. Die höchsten Verluste erlitt sie in ihren Hochburgen, bei den Wählerinnen und Wählern mittleren Alters: –5,1 Prozentpunkte bei den 25- bis unter 35-Jährigen und –6,1 Prozentpunkte bei denen im Alter von 35 bis unter 45 Jahre. Die Verluste in diesen Altersgruppen sind im Ostteil besonders ausgeprägt, mit –12,0 und –10,1 Prozentpunkten, im Westteil gab es dagegen in diesen Altersgruppen wesentlich geringere Verluste.
SPD schnitt bei älteren Wählerinnen und Wählern am besten ab
Die SPD konnte bei der Europawahl 2014 in Berlin den ersten Platz vor der CDU und den GRÜNEN zurückgewinnen. Sie erzielte die besten Ergebnisse – nach Altersgruppen betrachtet – bei den ältesten Wählerinnen und Wählern. Von den unter 25-Jährigen votierten nur 17,7 % für die SPD. Ab dieser Altersgruppe stieg der SPD-Anteil dann fast stetig bis auf 32,0 % bei der Generation 70 plus. Dieser positive Zusammenhang mit dem Alter gilt in ähnlicher Weise für beide Geschlechter und auch im Ost- und Westteil Berlins.
Im Vergleich zur Europawahl 2009 hat die SPD in der Stichprobe insgesamt 5,0 Prozentpunkte gewonnen, wobei die Gewinne bei den ältesten Wählerinnen und Wählern mit 9,7 % am größten waren. Bei den unter 25-Jährigen hat sie dagegen sogar verloren (–3,2 Prozentpunkte) – bei den 25- bis unter 35-Jährigen waren geringe Verluste zu verzeichnen. In den „älteren“ Altersgruppen hat die SPD dann gewonnen, wobei die Gewinne von Altersgruppe zu Altersgruppe stetig zunahmen.
Hohe Zustimmung für die Partei Die LINKE bei den Älteren im Ostteil Berlins
DIE LINKE erzielte auch bei dieser Wahl wieder sehr unterschiedliche Ergebnisse in den ehemals getrennten Stadthälften. Im Ostteil erreichte sie in der Stichprobe der repräsentativen Wahlstatistik 27,9 % der gültigen Stimmen, im Westteil 9,7 %. Die Wählerschaft der LINKEN unterschied sich im Vergleich beider Regionen nach Alter und Geschlecht deutlich.
In den östlichen Bezirken erzielte DIE LINKE mit 36,7 % die höchsten Anteile bei den Wählenden im Alter von 70 und mehr Lebensjahren. Bei den 18- bis unter 25-Jährigen votierten dagegen nur 22,6 % für diese Partei. Am schlechtesten schnitt sie bei den 35- bis unter 45-Jährigen ab. Ab dieser Altersgruppe stieg der LINKE-Anteil dann mit dem Alter stetig an.
Im Westteil neigten dagegen die jüngeren Wählerinnen und Wähler der LINKEN stärker zu – 13,7 % bei den 18- bis unter 25-Jährigen sowie 14,7 % bei den 25- bis unter 35-Jährigen – als die älteren. Bei den Personen im Alter von 70 und mehr Jahren errang DIE LINKE hier lediglich 3,9 %.
Gegenüber 2009 hat DIE LINKE leicht hinzugewonnen. Im Westteil ist dies in allen Altersgruppen zu beobachten, wobei die Gewinne fast stetig mit zunehmendem Alter der Wählerinnen und Wähler abnahmen. Im Ostteil sieht das etwas anders aus: Bei den unter 25-Jährigen kann sie leicht und bei den 25- bis unter 35-Jährigen am stärksten Stimmen gewinnen (+5,0 Prozentpunkte). Bei den folgenden Altersgruppen sinken erst die Zugewinne und schlagen dann sogar in starke Verluste um: –9,2 Prozentpunkte bei den ältesten Wählerinnen und Wählern.
FDP-Anteil in allen Gruppen ähnlich gering
Der FDP-Anteil war in den einzelnen Altersgruppen ähnlich niedrig und schwankte zwischen 2,2 % und 3,0 %. Größere Unterschiede werden erst bei Betrachtung des Wahlverhaltens nach Geschlecht und nach Stadthälfte sichtbar. So lag der Anteil bei den Männern höher als bei den Frauen und im Westteil höher als im Ostteil. Den höchsten Anteil konnte die FDP so bei Männern im Alter von 70 und mehr Jahren im Westteil Berlins erzielen (5,2 %).
Die Piratenpartei bei jungen Männern im Ostteil am stärksten
Die Wählerschaft der Piratenpartei unterschied sich besonders stark nach Alter und Geschlecht. Die Partei erzielte 3,1 % der Stimmen in der Stichprobe der repräsentativen Wahlstatistik. In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen kam sie sogar auf 6,6 %, wobei der Anteil von Altersgruppe zu Altersgruppe stetig sank und bei den über 69-Jährigen mit 0,5 % das Minimum erreichte. Je älter die Wählerschaft, desto niedriger war der Anteil der PIRATEN. Dieser Zusammenhang galt in beiden Teilen der Stadt und für beide Geschlechter, wobei das Niveau bei den Männern etwas höher lag. Bei den Männern gaben 4,0 % ihre Stimme der Piratenpartei, bei den Frauen waren es nur 2,2 %.
AfD schnitt bei den Männern im Alter von 60- bis unter 70 Jahre am besten ab
Die erst im Februar 2013 gegründete Alternative für Deutschland (AfD) kam in Berlin aus dem Stand auf 7,9 %. Bei den Männern konnte sie sogar 10,0 % erringen, bei den Frauen 6,0 %.
Nach Altersgruppen betrachtet, erzielte die AfD den höchsten Anteil in der Altersgruppe der 60- bis unter 70-Jährigen und den niedrigsten bei den Wählenden unter 25 Jahre mit 5,0 %. Diese Altersstruktur gilt mit kleinen Ausnahmen auf unterschiedlichem Niveau für Männer und für Frauen und auch im Ost und Westteil Berlins.
Anteil sonstiger Parteien bei jüngeren Wählerinnen und Wählern am höchsten
An der Europawahl 2014 haben in Berlin insgesamt 24 Parteien teilgenommen – über die sieben hier dargestellten Parteien hinaus also noch weitere 17. Diese 17 Parteien, von denen in Berlin keine mehr als 1,6 % erzielen konnte, werden hier als Sonstige zusammengefasst. Nach dem Wegfall einer Prozenthürde bei der Europawahl haben es folgende Parteien sogar geschafft, entsprechend ihres Bundesergebnisses, einen Sitz im Europäischen Parlament zu erringen: FREIE WÄHLER, Tierschutz, FAMILIE, ÖDP, NPD und Die Partei.
Die Zustimmung zu diesen sonstigen Parteien lag in der Stichprobe bei insgesamt 6,4 %. Den höchsten Anteil erzielten sie bei den 18- bis unter 25-Jährigen mit 11,3 %. Ab dieser Altersgruppe fiel der Anteil von Altersgruppe zu Altersgruppe stetig und erreichte bei der Altersgruppe 70 plus das Minimum mit 2,7 %.
Zusammenfassung
Ältere Menschen beteiligten sich stärker an der Europawahl 2014 als die jüngeren. Außerdem neigten sie stärker zur Briefwahl und damit weniger zur Wahl im Wahllokal. In fast allen Altersgruppen lag die Wahlbeteiligung bei den Frauen höher als bei den Männern. Lediglich bei den ältesten Wahlberechtigten beteiligten sich prozentual weniger Frauen an der Wahl. Als Ursachen dafür werden die unterschiedliche Lebenserwartung und die unterschiedliche Morbidität von Männern und Frauen vermutet.
Es zeigten sich deutliche Zusammenhänge zwischen dem Alter der Wählenden und der Präferenz für einzelne Parteien. Die CDU errang ihre besten Ergebnisse bei den Älteren, im Westteil und bei den Frauen. Deutlich ausgeprägt ist auch das Altersprofil der GRÜNEN: Die Zustimmung zu den GRÜNEN war in der Altersgruppe der jüngsten Wählerinnen und Wähler überdurchschnittlich und stieg dann mit dem Alter weiter an. Der Höhepunkt lag bei den 25- bis unter 45-Jährigen. Danach fiel die Zustimmung zu den GRÜNEN stetig ab.
Die SPD erzielte die besten Ergebnisse bei den ältesten Wählerinnen und Wählern – hier erzielte sie auch die größten Gewinne. Bei den unter 25-Jährigen waren dagegen sogar Verluste zu verzeichnen. Gegenüber 2009 hat sich damit das Altersprofil der SPD, das damals kaum vorhanden war, stark ausgeprägt.
Die Partei DIE LINKE schnitt in beiden Stadtteilen sehr unterschiedlich ab, wobei ihre besten Werte bei den Älteren im Ostteil zu verzeichnen waren. Im Westteil votieren dagegen die Jüngeren stärker für DIE LINKE. Im Vergleich zur letzten Europawahl 2009 verlor die FDP den größten Teil ihrer Wählerschaft. Bei den Männern konnte sie etwas bessere Ergebnisse erzielen als bei den Frauen. Die Piratenpartei wurde besonders von den Jüngeren gewählt. Es gab einen deutlichen, fast linearen Zusammenhang mit dem Alter: je älter die Wählerschaft, desto niedriger der PIRATEN-Anteil. Außerdem erzielte sie im Ostteil und bei den Männern die besseren Ergebnisse. Die neu gegründete AfD schnitt bei den Männern besser ab als bei den Frauen und erzielte den höchsten Anteil in der Altersgruppe der 60- bis unter 70-Jährigen. Jüngere votierten zu einem deutlich höheren Anteil für die kleinen Parteien.
von Geert Baasen
Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin für
Berlin bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport
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1 Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei der repräsentativen Wahlstatistik um eine Stichprobe, deren Ergebnisse von denen der Grundgesamtheit abweichen können. Bei der Wahlbeteiligung werden die Wahlberechtigten mit Stimmabgabevermerk (Wähler bzw. Wählerin im Wahllokal), die Wahlberechtigten mit Wahlschein (Wahlscheinempfänger bzw. -empfängerin) und die Nichtwähler bzw. Nichtwählerinnen anhand der Wählerverzeichnisse in den ausgewählten Wahlbezirken ausgezählt. Nach dem vom Statistischen Bundesamt festgelegten Verfahren werden alle Wahlscheinempfänger und -empfängerinnen als Wähler bzw. Wählerin gezählt, unabhängig davon, ob sie durch Briefwahl oder durch Stimmabgabe im Wahllokal oder überhaupt nicht an der Wahl teilgenommen haben. Bei dieser Wahl sind in Berlin nach dem endgültigen Ergebnis rund 8,5 % der Wahlscheine nicht wirksam zur Wahl genutzt worden. Die Wahlbeteiligung wurde durch dieses Verfahren deshalb systematisch um 1,3 Prozentpunkte überschätzt.
2 In der Stichprobe weicht der
GRÜNEN-Anteil im Ost- und
Westteil von der jeweiligen
Grundgesamtheit ab: Im Ostteil
liegt er 1,8 Prozentpunkte niedriger als in der Grundgesamtheit
und im Westteil um 2 Prozentpunkte darüber. Bei der Vorwahl
2009 gab es in der Stichprobe
hinsichtlich des GRÜNEN-Anteil
ebenfalls Abweichungen zur
Grundgesamtheit. Bei der damaligen Stichprobe war die Abweichung allerdings genau entgegengesetzt. Im Ostteil war
der GRÜNEN-Anteil höher und
im Westteil niedriger. Beim Vergleich zur Vorwahl lassen sich
Ost/West-Unterschiede deshalb
nur eingeschränkt interpretieren.