Gibt es sie noch, die Wilmersdorfer Witwe?
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Der Beginn der statistischen Erfassung des Gemüseanbaus in Deutschland reicht bis in das Jahr 1878 zurück. Während sich die Erfassung zu Beginn nur auf die Merkmale „Kraut- und Feldkohl“ und „andere feldmäßig angebaute Hackfrüchte oder Gemüse“ beschränkte, werden heute bis zu 41 Gemüsesorten im Freilandanbau aus den Bereichen Kohlgemüse, Blatt- und Stängelgemüse, Wurzel- und Knollengemüse, Fruchtgemüse und Hülsenfrüchte erfasst.
Gleichzeitig findet ein Strukturwandel in der Landwirtschaft statt, denn auch im Gemüseanbau nimmt die Zahl der Betriebe ab, während die Größe der verbliebenen zunimmt. Mit diesem Beitrag wird ein Überblick über den Gemüseanbau in Brandenburg seit 2012 gegeben. Dabei kommen auch Gemüseproduzenten aus der Region zu Wort.
Gemüse und Erdbeeren wurden 2021 in Brandenburg auf rund 7 100 ha angebaut. Gemessen an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche von rund 1,3 Millionen ha ergibt sich damit ein Anteil der Gemüsefläche von 0,5 %, also knapp unter dem bundesweiten Anteil von 0,8 %. Das angebaute Gemüse in Deutschland reicht nicht aus, um alle Bürgerinnen und Bürger des Landes zu versorgen. Es wird davon ausgegangen, dass der Bedarf an heimischem Gemüse nur zu einem guten Drittel abgedeckt wird (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – Versorgungsbilanzen).
In Brandenburg entfielen 2021 fast 6 700 ha des Gemüseanbaus auf den Anbau im Freiland. Erdbeeren, die hier nicht näher betrachtet werden, jedoch ein Teil der Gemüseerhebung sind, wurden im Freiland und unter Schutzabdeckungen auf insgesamt 430 ha angebaut. Von 2012 bis 2021 vergrößerte sich die Freilandgemüsefläche von 5 400 ha um etwas mehr als 1 200 ha. Dies entspricht einer Zunahme von 23 % und liegt damit sehr deutlich über den bundesweiten Zuwächsen, die – ausgehend von 114 700 ha im Jahr 2012 – bis 2021 um 16 000 ha bzw. 14 % zunahmen. Die vier anbaustärksten Kulturen in Brandenburg sind Spargel, Einlegegurken, Möhren und Kürbis. Sie belegten 2021 mit 5 850 ha fast 88 % der Freilandfläche. Bundesweit bestimmten Spargel, Möhren und Karotten sowie Speisezwiebeln und mit großem Abstand auch Weißkohl den Gemüseanbau. Diese Kulturen wurden 2021 auf fast 61 000 ha geerntet und damit auf gut 46 % der gesamten Freilandgemüsefläche Deutschlands.
Der Brandenburger Anbau findet regional geclustert begrenzt statt: Spargel wird zu einem großen Teil im Landkreis Potsdam-Mittelmark kultiviert, Einlegegurken in den südöstlichen Landkreisen Dahme-Spree und Spree-Neiße. Der Möhrenanbau konzentriert sich auf einer gedachten Linie von nordwestlicher nach südöstlicher Richtung in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald, während Kürbisse überwiegend in Dahme-Spreewald und Spree-Neiße angebaut werden.
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Der Ausdruck „hohe begehbare Schutzabdeckungen“ mag sich kurios anhören, doch erklärt dieser viel besser das System des geschützten Anbaus, da Gewächshäuser keinesfalls den gesamten Gemüseanbau außerhalb des Freilands beinhalten. So finden im Gemüseanbau sehr häufig auch begehbare Folientunnel ihren Einsatz. 2021 wurde auf knapp 57 ha Gemüse unter hohen begehbaren Schutzabdeckungen angebaut. Damit liegt die Brandenburger Anbaufläche für den sogenannten geschützten Anbau im Ländervergleich an fünfter Position. Spitzenreiter ist hier Baden-Württemberg mit etwas mehr als 390 ha (Deutschland gesamt: 1 320 ha). Der geschützte Anbau hat in Brandenburg im betrachteten Zeitraum deutlich zugenommen. Bis 2021 vergrößerte sich die Fläche von 42 ha im Jahr 2012 um etwas mehr als 14 ha bzw. 34 %. Demgegenüber steht eine vergleichsweise heterogene Entwicklung für das Bundesgebiet. Im Vergleich der Jahre 2012 und 2021 nahm die Fläche insgesamt um 13 ha zu, schwankte jedoch zwischen 1 200 ha (2015) und 1 300 ha (2018).
Der Anbau in modernen Gewächshäusern stellt eine der produktivsten Sparten des Gartenbaus dar. Computergestützte Technik erlaubt eine optimale Kontrolle der Wachstumsbedingungen, stellt dabei automatisch die Zufuhr und Regelung von Temperatur, Licht, Wasser und Düngemitteln ein und führt zu Spitzenerträgen. So lag zum Beispiel der Gesamtertrag von Salatgurken in Brandenburg 2021 bei 3 575 Dezitonnen je Hektar (dt/ha) und damit um 30 % höher als im Bundesdurchschnitt. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Ertrag von Salatgurken betrug in den letzten zehn Jahren im Freiland nur etwas mehr als 340 dt/ha. Einzelne Betriebe mit moderner Gewächshausausstattung erzielen in Brandenburg Erträge weit jenseits von 4 000 dt/ha.
Nach den Daten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist die Tomate das beliebteste Gemüse in Deutschland. 2021 konsumierte ein Einwohner durchschnittlich 28 kg Tomaten. Dieses Ergebnis spiegelt sich deutlich in den statistischen Ergebnissen des geschützten Anbaus wider. So wurden 2021 in Brandenburg mit 24 ha fast 42 % der verfügbaren Fläche des geschützten Anbaus für den Tomatenanbau verwendet, auf der etwas mehr als 7 000 Tonnen geerntet wurden. Diese Erntemenge nimmt etwa 7 % der bundesweiten Produktion ein. Gegenüber 2012 nahm die bundesweite Tomatenfläche um mehr als ein Fünftel zu. 2021 lag der Ertrag in Brandenburg bei knapp 3 000 dt/ha und damit um fast 17 % über dem Bundesergebnis von etwa 2 600 dt/ha.
Paprika, der inzwischen die Salatgurke als zweitstärkste Kultur im geschützten Anbau abgelöst hat, erlebte im Brandenburgischen Anbau einen wahren Anbauboom. Die Anbaufläche hat sich seit 2012 von anfänglich 1,3 ha auf fast 15 ha mehr als verzehnfacht. Auch beim Paprika werden mittlerweile Spitzenerträge erzielt. 2021 lag der Ertrag in Brandenburg bei etwas mehr als 1 750 dt/ha. Damit liegt das Ergebnis um mehr als 13 % über dem Bundesergebnis von etwa 1 500 dt/ha.
Etwas mehr als 8 % (rund 560 ha) der Freilandgemüsefläche wurden 2021 in Brandenburg nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Auf der Bundesebene liegt dieser Anteil bei 14 %. Auch im ökologischen Gemüseanbau stellen Spargel, Speisekürbisse, Einlegegurken sowie Möhren und Karotten die vier anbaustärksten Kulturen dar. Im hier betrachteten Zehnjahreszeitraum ging die ökologisch bewirtschaftete Fläche von anfänglich 760 ha (2012) um etwas mehr als ein Viertel auf 560 ha (2021) zurück – besonders stark zwischen 2012 und 2013. Damals verkleinerten sich die Ökoflächen kurzfristig um fast 50 % von 760 ha auf 380 ha. Hintergrund dieser Entwicklung war unter anderem die 2013 ausgelaufene EU-Förderperiode, die in Brandenburg bereits im Jahr 2011 zu einer vorzeitigen Veränderung bei der sogenannten Ökoprämie führte, die sowohl einer Ausdehnung als auch in Teilen dem Beibehalt der ökologischen Produktion entgegenwirkte.
Die in der deutschen Landwirtschaft zu beobachtende Entwicklung hin zu weniger Betrieben mit größerer durchschnittlicher Flächenausstattung je Betrieb lässt sich auch auf den Gemüseanbau in Brandenburg übertragen. In Brandenburg wurde Freilandgemüse im Jahr 2012 von 233 Betrieben angebaut. Zehn Jahre später lag die Zahl mit 182 Betrieben um fast 22 % darunter. Die durchschnittliche zur Verfügung stehende Freilandfläche je Betrieb stieg im selben Zeitraum von etwas mehr als 23 ha auf nunmehr fast 37 ha. Im Bundesgebiet ging die Zahl der Betriebe mit Gemüseflächen im Freiland von 6 969 Betrieben im Jahr 2012 auf 6 029 Betriebe im Jahr 2021 zurück. Im selben Zeitraum vergrößerte sich die bewirtschaftete Fläche je Betrieb von 16 auf 22 ha.
Auch im geschützten Anbau fand eine ähnliche Entwicklung statt. Noch im Jahr 2012 bauten in Brandenburg 85 Betriebe Gemüse im geschützten Anbau an. Zehn Jahre später waren es 73 Betriebe (–14 %). Die durchschnittlich zur Verfügung stehende Fläche unter hohen begehbaren Schutzabdeckungen je Betrieb stieg im selben Zeitraum von 0,5 ha auf 0,8 ha. Im Bundesgebiet ging die Zahl der Betriebe mit Gemüseflächen des geschützten Anbaus von 2 033 Betrieben (2012) auf 1 621 Betriebe (2021) zurück, während sich die die bewirtschaftete Fläche je Betrieb von 0,6 ha auf 0,8 ha vergrößerte.
Wie jede Statistik entwickelt sich auch die der Gemüseerhebung weiter. Dabei wird versucht, das Erhebungsprogramm anzupassen und zu vereinfachen, um damit die auskunftgebenden Betriebe zu entlasten.
Der Anbau von Gemüse ist im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Kulturen recht volatil. Das bedeutet, dass es in diesem Produktionszweig schneller zu kurzfristigen Veränderungen kommen kann. Auch wenn in den kommenden Jahren die Erzeugung von Spargel und Einlegegurken von großer Relevanz sein wird, so ist es durchaus möglich, dass Gemüsearten, die derzeit in Brandenburg eine eher geringe Rolle spielen, in Zukunft an Anbaubedeutung gewinnen, wenn es die Marktbedingungen erfordern. So zeigt sich im Jahr 2022, dass die Vermarktung des Brandenburger Spargels schwieriger als in manchem Vorjahr ist. Dies mag unter anderem mit dem Ukraine-Krieg und der hohen Inflation zusammenhängen. Es können sich aber auch Essgewohnheiten ändern, die dann möglicherweise Veränderungen bei den Anbauverhältnissen hervorrufen. Nicht zuletzt sind die klimatischen Veränderungen zu berücksichtigen, die ebenfalls Einfluss auf die Struktur des Gemüseanbaus haben.
Dr. Sebastian Hänke ist Sachbearbeiter im Referat Flächennutzung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg.
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